Antrag: Keine zentrale Abschiebebehörde in Langenhagen oder anderswo
Keine zentrale Abschiebebehörde in Langenhagen oder anderswo!
Über 70 Millionen Menschen weltweit - so viele Menschen wie die gesamte Bevölkerung Frankreichs
- sind zurzeit auf der Flucht. Die meisten davon sind Binnenflüchtlinge. Die Gründe dafür, dass
Menschen ihre Heimat verlassen müssen sind vielfältig: Krieg und Gewalt – häufig durch deutsche
Waffen befeuert, die Folgen des Klimawandels, zerstörte lokale Märkte durch unfaire globale
Handelspolitik, und vieles mehr. Unsere Antwort auf all diese von uns mitverantworteten Krisen kann
nur eine sein: Solidarität mit und Unterstützung der Menschen in Not.
Die meisten Menschen in Deutschland und Europa denken und handeln genau nach diesen
grundlegenden zwischenmenschlichen Standards und helfen wo sie können. Rund 90 Kommunen
haben sich zu sicheren Häfen erklärt und wollen flüchtende Menschen aufnehmen. Nur die
übergeordneten Ebenen – der Europäische Rat, die Bundesregierung und auch die
niedersächsische Landesregierung - laufen einer Hand voll Populisten am rechten Rand hinterher
und werfen ihre Menschlichkeit für erhoffte kurzfristige Wahlerfolge über Bord. Die europäischen
Grenzen werden abgeschottet und die Menschen damit gezwungen, auf demütigenden, illegalen,
teuren und vor allem lebensgefährlichen Wegen ihr Grundrecht auf Asyl einzufordern. Retter*innen
an den europäischen Grenzen werden für ihre Heldentaten bestraft. Und selbst die wenigen
Menschen, die es trotz alledem nach Europa geschafft haben, werden hier von den nationalen
Regierungen behandelt wie Problemfälle und Menschen zweiter Klasse. Es wird alles daran gesetzt,
sie wieder loszuwerden und in menschenunwürdige und elendige Zustände sogenannter sicherer
Drittstaaten oder überforderter EU-Länder abzuschieben.
GroKo knickt vor Rechts ein
Während die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen sich für eine humanitäre Flüchtlingspolitik
eingesetzt hat, will die GroKo mit allen Mitteln mehr Menschen abschieben. Dafür hat sie nach dem
Vorbild anderer Bundesländer im Januar 2019 begonnen eine landesweite zentrale
Abschiebebehörde aufzubauen und will dafür mittelfristig 200 Vollzeitstellen schaffen. Die volle
Einsatzfähigkeit der Behörde ist für Sommer 2019 geplant. Ziel ist es, die Abschiebezahlen in
Niedersachsen durch einheitliche Abschiebungsverfahren zu erhöhen. Dazu sollen drei Punkte
besonders beitragen:
Erstens soll die Behörde in unmittelbarer Nähe zum Flughafen Langenhagen und zum einzigen
niedersächsischen Abschiebegefängnis liegen, in dem schon heute bis zu 48 Geflüchtete meist
unschuldig hinter Gittern sitzen.
Zweitens soll die Behörde Kompetenzen zur Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen
erhalten, die aktuell noch bei den kommunalen Ausländerbehörden liegen. Damit haben Kommunen
in Niedersachsen keine Möglichkeit mehr, den einzelnen persönlichen Schicksalen oder möglichen
aktuellen Abschiebehindernissen Rechnung zu tragen und Ermessensspielräume auszunutzen. Die
Region Hannover und die Stadt Hannover etwa zeigen deutlich progressivere Ansätze bei der
Flüchtlingspolitik als die Landesregierung. Dies wird durch eine solche Behörde unterbunden.
Drittens sollen die Verfahren vermeintlich effizienter werden. Das heißt für die Landesregierung, sie
sollen standardisiert und in größter menschlicher Distanz zu den Betroffenen durchgeführt werden.
Ein persönlicher Kontakt zu den Betroffenen findet selten bis gar nicht statt. So werden
Abschiebungen in Niedersachsen noch mehr zu einem reinen Verwaltungsakt, ohne dem
Einzelschicksal Rechnung zu tragen.
Diese Entwicklung ist höchst problematisch, denn es werden schon jetzt viel zu oft Menschen in
Länder abgeschoben, in denen ihnen Gefahr für Leib und Leben droht. Viele von ihnen gehen zur
Schule, haben einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeit und sind in ihrem sozialen Umfeld gut
integriert. Eine Abschiebung stellt nicht nur für die Betroffenen eine besondere Härte dar, sondern
hinterlässt auch eine Lücke in ihrem Lebenskreis.
Willkommenskultur statt Abschiebewettbewerb!
Wir Grüne in der Region Hannover stellen uns gegen inhumane Abschiebepolitik und eine zentrale
Abschiebebehörde in Langenhagen oder anderswo in Niedersachsen und fordern daher die
Landeregierung auf, die Pläne zu stoppen. Die freiwerdenden Mittel sollen stattdessen in die
Integrationsarbeit in den Kommunen fließen, um Bleibeperspektiven zu ermöglichen.
Wir fordern die Region Hannover und die Menschen in der Region auf, es uns gleichzutun und sich
dem Protest gegen die von der niedersächsischen Landesregierung geplanten zentralen
Abschiebebehörde anzuschließen, um die Aufgabe der Abschiebung weiterhin bei den Kommunen
zu halten, die deutlich näher an den Menschen entscheiden kann.
Beschlossen auf der Mitgliederversammlung am 24.08.2019
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Regionsverband Hannover